Österreichischer geht ja gar nicht am Nationalfeiertag. Obwohl mir diese Sachen normalerweise eher wurst sind, aber zufällig heute muss es Tafelspitz sein.
Aber um dahin zu kommen, dass der Tafelspitz in seinem Süppchen lauert, heißt es einen langen Weg gehen…
- 2 kg Tafelspitz
- 5-6 Markknochen-Scheiben
- 6 Karotten
- 1/2 kleine Sellerieknolle
- 3-4 gelbe Rüben
- 1/2 Stange Porree
- 1 Petersilwurz
- 1 Bund Petersilie
- 2-3 Blätter Lustock (Liebstöckl)
- 1 mittlere Zwiebel (mit sauberer Schale)
- 6 Zehen Knoblauch
- 1 EL Pfefferkörner
- 1 kleiner Paradeiser
Den Tafelspitz außen herum zuputzen: das Fett muss dran bleiben, Häutchen und Sehnen gehören abgeschnitten.
Etwas Wasser in einem topf aufkochen und die Markknochen-Scheiben beim Sieden einlegen. Etwas 2-3 Minuten überbrühen und dann das Wasser samt dem entstandenen Schaum wegschütten, die Markknochen kalt abspülen.
In einem ausreichend großen Suppentopf reichlich Wasser aufsetzen und die Markknochen noch ins kalte Wasser einlegen. Wenn sich Schaum absondert, mit einer Kelle oder einem Schaumlöffel abschöpfen. Das Fleisch erst ins kochende Wasser geben, damit sich die Poren gleich schließen – der Geschmack soll ja in erster Linie im fleisch bleiben und nicht nur in die Suppe gehen. Entstehenden Schaum wiederum abschöpfen. Das Wasser soll nur leicht wallen und keinesfalls kochen. Auf passend kleiner Flamme 60 Minuten köcheln, das hängt aber von der Größe des Fleischstücks ab.
Nach etwa 50 Minuten die Zwiebel samt Schale halbieren und mit der Schnittfläche nach unten in eine trockene Pfanne legen. Auf mittlerer Flamme bräunen, dabei immer mal wieder bewegen, damit sich kein Bratenrand in den Pfannenboden brennt. Inzwischen die Gemüse zurichten: Karotten und Rüben unter laufendem Wasser bürsten, nicht schälen. Vom Porree ein etwa zehn Zentimeter langes Stück abschneiden und längs halbieren, eventuell vom Sand reinigen. Petersilwurz und Sellerieknolle schälen, erstere ganz lassen, die Knolle in fingerdicke Scheiben schneiden. Knoblauch schälen.
Eine der Selleriescheiben, drei Karotten, die gelben Rüben, die angebräunte Zwiebel und die Knoblauchzehen samt Paradeiser, Lauch, zwei oder drei Stengeln Petersilie, dem Lustock und den Pfefferkörnern in die wallende Suppe geben. Eine weiterer halbe Stunde köcheln. Allmählich sollte sich jetzt geniale Duft nach Rindsuppe verbreiten.
Das Fleisch aus der Suppe heben und in Alufolie wickeln. Vorsichtig die Markknochen ausheben und das Mark auffangen. Das Gemüse abfischen und weggeben, die Suppe durch ein feinmaschiges Sieb mit eingelegtem Küchenpapier (Plenty eignet sich aufgrund seiner stupenden Reißfestigkeit hervorragend) in einen sauberen Topf abgießen. Die Suppe kann nun geteilt werden – einen Teil aufheben oder einfrieren, den anderen Teil mit etwas Salz auf den gewünschten Geschmack bringen.
Traditionellerweise isst man die Suppe vorher, aber es wird in manchen Haushalten auch umgekehrt gehandhabt: zuerst das Fleisch aus der Suppenschüssel fischen und mit den Beilagen verzehren, die Suppe samt Einlagen nachher essen. Angeblich soll ja Suppe zum Abschluss eines Mahls recht verträglich sein. Eine chinesische Weisheit? Keine Ahnung – und wie auch immer.
Als Einlage in das Tafelspitz-Süppchen gibt’s heut‘ ein Trio aus klassischen Einlagen: Markknöderl, Fritatten und knackiges Gemüse:
Die restlichen Karotten, die Selleriescheiben und gelben Rüben in feine Blättchen schneiden, den Lauch in feine Ringe. Das GEmüse in der Suppe auf kleinster Flamme einfach durchziehen lassen.
Das Markknöderl ist eine geradezu überirdische Spezialität, wie sie nur in Wien erfunden werden können.
- das aufgefischte Mark
- 1 Scheibe entrindetes Weißbrot
- 1 EL weiche Butter
- 60 g Semmelbröseln
- 2 Eier
- Salz, Pfeffer
Weißbrot sehr klein würfeln. Butter mit dem noch warmen Mark cremig rühren, mit den anderen Zutaten gut durchmischen, kleine Knödel formen und in reichlich Salzwasser leicht wallend köcheln, bis sie zu rotieren anfangen.
Die Fritatten sind ja nichts anders als Palatschinken. Man könnte genausogut Marmelade drauf schmieren – aber halt nicht als Suppeneinlage.
- 2 Eier
- 60 g Mehl
- 1/8 l Milch
- 1 Prise Salz
- Butter zum Braten
Eier und Milch versprudeln, das Mehl einarbeiten, salzen. Man könnte auch ein paar Kräuter einstreuen. Eine flache Palatschinkenpfanne erhitzen, Butter zerlassen und gleichmäßig verteilen. Mit einem Schöpfer etwas Teigmasse in die Pfanne gießen, der Boden sollte grade bedeckt sein und der Teig keinesfalls zu dick aufgetragen. Auf mittlerer Hitze stocken lassen, durch Rütteln lockern und aus dem Handgelenk schupfen – die Wiener Köche halten darauf, selbst hauchdünne Fladen mit einer geschickten Handbewegung in die Luft schleudern und genau auf der noch nicht gebratenen Seite wieder auffangen zu können. Mit etwas Übung geht das. Weniger experimentierfreudige Köche nehmen einen banalen Pfannenwender. Die Gefahr, eine Flade zu zerreißen, ist damit allerdings größer als beim Schupfen.
Die Fladen werden dann eingerollt und in Scheiben geschnitten. Immer erst beim Auftragen zur Suppe geben, sie quellen sonst auf.
Und nach der Suppe geht’s an die Hauptspeis‘. Dazu gibt es mehr oder weniger typische Beilagen: Rösti oder Erdäpfelschmarren zur Sättigung, passierter Spinat, eingebrannte Kohlrabi oder Schwarzwurzeln sind beliebte Gemüse, Apfelkren und Schnittlauchsauce werden gerne dazu gereicht, der etwas derbere Semmelkren ist eher verpönt aber äußerst schmackhaft.
Zum Beispiel Apfelkren:
- 2 steirische Äpfel
- 1/2 Zitrone
- 4 EL frisch gerissener steirischer Kren
- je 1 Prise Salz und Zucker
Zitrone auspressen. Die Äpfel schälen, entkernen und reiben. Sofort mit Zitronensaft und dem Kren vermischen. Salz und Zucker nach Gusto. Die Menge des Krens bemisst sich natürlich nach der Schärfetauglichkeit der Mitesser.
Tafelspitz in dünne Scheiben schneiden und am besten in seiner eigenen Suppe in einer großen Schüssel auftragen. Jeder nimmt sich seine Beilagen nach Lust und Laune und langt in der Schüssel ordentlich zu. Wenn das kein Festmahl ist. Man kann’s auch den Plachutta in einem seiner drei Restaurants Tafelspitz in erlesener Qualität auftragen lassen und in aller Ruhe zelebrieren.
2 Gedanken zu “Tafelspitz für Tafel-Spitze”