Der grüne Markt – oder wie man einen ebensolchen kaputt macht

Die Bürgerstadt Baden bei Wien ist dem genussfaktor ja aus mancherlei Gründen aus Gräuel – zu viel Kaiserkult, ein mental die ganze Stadt überwölbendes Casino, Operettenkitsch, Touristenheurige, kurz: man findet hier rein gar nichts, was den genussfaktor anzuziehen vermöchte, normalerweise. Und wenn es denn mal sein soll, schließlich lebt man ja bloß ein kurze Autostrecke voneinander entfernt, dann bestätigt sich’s leider immer wieder… Man kann, so viel sei zugestanden, bisweilen einen Abstecher ins Cinema Paradiso machen, aber schon beim Versuch, da vorher oder nachher einen Drink zu nehmen, stellt sich das Grausen ein. Geschniegelt, geschleckt, nicht eben der Born der Freundlichkeit, sauteuer – so präsentiert sich die Gastronomie der Badener Innenstadt. Also dann halt nicht!

Und wenn der genussfaktor bei einem Spaziergang auf einen Markt trifft – will heißen, einen für Lebensmittel! – und davon bitter enttäuscht wird, dann hat das auch was Bezeichnendes. Märkte ziehen inzwischen nicht bloß Menschen an, die Waren kaufen wollen, sondern immer mehr solche, die inmitten des märktlichen Treibens bei einem Glaserl Wein sitzen möchten und ein paar Spezereien vergenusszwergeln. Ein ehrenwertes Unterfangen, dem bekanntlich auch der genussfaktor gerne frönt.

Beim Bedienen dieser lukrativen Gesellschaftsschicht müsste aber der Marktbetreiber, also jene übergeordnete Instanz, die für das Gesamte verantwortlich zeichnet, darauf ein Auge haben, dass der eigentliche Markt als Handelsplatz nicht nach und nach von den Labstationen der Schickeria verdrängt wird. Und dass auch weiterhin normale Marktangebote erhalten bleiben, ein zuträglicher Mix also. Sonst stirbt der Markt einen touristischen Tod – ganz wie der Wiener Naschmarkt, der sich von der einstmals grünen Seele der Wiener Kulinarik in eine Meile fragwürdiger Schnellimbisse verwandelt hat, dazwischen ein paar Läden, die Lebensmittel als Souvenirs anbieten. Zum Einkaufen geht man da bald nicht mehr hin, zum Essen sollte man es auch nicht tun. Gleiches gilt für den Grünen Markt in Baden:

Zwischen den Ausschänken bleibt kaum mehr Raum für klassische Verkaufsbuden (erkennbar daran, dass sie am Samstag nachmittag zu haben)

Der Grüne Markt, ein immerhin historisches Ensemble von Marktbuden, ist Ende des letzten Jahrtausends nicht eben feinfühlig renoviert worden. Böse Menschen behaupten, das passe aber zur Stadt.

Das zentrale Plastikdach mag praktisch sein, ist aber eine Ausgeburt an Hässlichkeit

Viel ist aber nicht los, ein paar unentwegte Zecher und Speiser sitzen in der muffigen Hitze unter dem Plastikdach. In der Übergangszeit wird das alles wohl deutlich besser besucht sein.

Von der richtigen Seite betrachtet, herrscht zumindest theoretisch ein Angebot für regen Betrieb in den Gastgärten

Merke: sammeln sich die Zombies, stirbt der Markt. Dabei sollten gerade Orte, die dem Handeln von Lebensnotwendigem dienen, auch lebendig sein. Unsere Supermärkte sind schon kahl genug.

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