Es war so gut, dass wir gestern beim Rausgehen gleich den Tisch für heute abend reserviert haben. Mehr braucht man dazu wohl nicht mehr zu sagen.
Wenn man nicht so spät kommt, dass es schon finster ist, wie gestern, kann man auch den herrlichen Blick in die Natur genießen.
Wir hatten einen Tisch perfekt an der Grenze zur Frischluft – eine leichte Brise kam grad auf und sorgte nach dem heißen Tag für Erleichterung.
Als Gruß aus der Küche erwarten uns frittierte Fleischbällchen – noch warm, obwohl schon aufgetragen.
Und dann ging’s ab in die Karte! Ich hatte diesmal was von der gut bestückten Liste der Salume: der böse weiße Speck hat’s mir seit jeher angetan, wie eben alles, das man nicht haben soll… Schneeweißer Lardo mit leicht süßlichem, knusprigem Zwiebelbrot.
Das Highlight waren aber das Involtino di melanzana gratinata con praga e montasio. Zarte Röllchen von der Aubergine gefüllt mit dezentem Pragerschinken und cremig geschmolzenem Montasio Käse und einer Scheibe vom enthäuteten Paradeiser.
Nach diesen Antipasti-Gedichten schaut das Leben gleich doppelt so lebenswert aus.
Die Frau Genussfaktor hat sich’s dann mit den Ravioli con germogli di sclopit wohl sein lassen. Hinter dem friulanischen Dialektnamen Sclopit verbirgt sich ein Wiesenkraut namens Silene vulgaris, das Taubenkopf-Leimkraut, von dem man mit ziemlicher Sicherheit noch nie gehört hat, wenn man den Teller eingestellt bekommt.
Aber was für ein Geschmack – nach Wiese, nach Sommer!
Die Blüten werden in die Farce verarbeitet und sorgen für die feine, erfrischend grasige Note. Dazu wiederum eine der leichten Käsesaucen, die ich inzwischen am La Balotarie zu schätzen gelernt habe.
Dagegen kommen die Gnocchi di rucola con salsa di gorgonzola eher profan daher.
Aber auch hier: die Käsesauce könnte viel kräftiger ausfallen und alles erschlagen, tut sie aber nicht! Die Gorgonzola-Note ist ausgeprägt, dennoch nicht zu wuchtig, darunter bleibt der Rucola in den Gnocchi geschmacklich am Leben.
Es ist schade, dass man sich nicht weiter und weiter durch diese Karte futtern kann – oder soll. da hätten mich noch ein paar Gerichte brennend interessiert. Zu den Secondi vorzudringen erscheint dabei jedoch ganz und gar unmöglich. Wie denn auch, bei dieser Auswahl:
Wir hatten nur zwei Mal Gelegenheit, hier aus dem Vollen zu schöpfen. Aber ich fürchte, unserem bisherigen Lieblingslokal hier in der Gegend – dem da Santine – ist der Rang abgelaufen worden. In meinem persönlichen Ranking auf jeden Fall!
Gestern hatte ich zum Abschluss lieber Käse, heute nehme ich das Semifreddo al croccantinodi mandorle – das Parfait mit crunchy Mandelkrokant ist unübertrefflich!
Die Frau Genussfaktor hat das Parfait zielstrebig schon gestern probiert und war äußerst angetan – ich auch von dem winzigen Kost-Löffelchen, das sie mir abgegeben hatte. Heute also die ganze Show!
Daneben ist das Tiramisù ai lamponi – nicht mehr und nicht weniger als ein fein cremiges Tiramisu mit Himbeeren aber wenig Biskotten – zwar allerfeinst, aber eben doch keine Konkurrenz…
Und zum Schluss das Beste: die Preise! Was hier geboten wird, dürfte gut und gerne weitaus mehr kosten! Obwohl die Küche – aber auch das zuvorkommende, flinke Service – zwei Kategorien über der ländlichen friulanischen Liga spielt, und die ist schon nicht zu verachten, bleibt man preislich im Rahmen des Ortsüblichen. Kein Wunder, dass Lokal und Garten für gewöhnlich berstend voll sind. Man hat sich hier seit 1981 offenbar einen Platz im Herzen der Einheimischen erkocht. Und man liegt abgelegen genug, um vor uns Touristen sicher zu sein. Schön! Also: psst…