Dass das Wiener Gulasch mit dem ungarischen Gulyás wenig, mit dem Pörkölt umso mehr zu tun hat, aber doch nicht ganz dasselbe ist, weiss man. Über die Herkunft des Wiener Schnitzels gibt es auch so manche Vermutungen.
Ganz unabhängig von solchen gastro-etymologischen Fragen ist aber die alte Reichshaupt- und Residenzstadt ein kulinarischer Schmelztiegel der zahllosen Völker und Küchen der riesigen Habsburger-Monarchie gewesen. Und wenn es das einzige ist, wofür man diesem Regime im Rückblick auch Meriten zuschreiben kann: die Durchmischung so vieler Traditionen quasi auf Augenhöhe war – gerade in diesem geografisch-geschichtlichen Raum – eine Leistung.
Christoph Wagner ist auf jeden Fall ein fleissiger Sammler von Rezepten, vielleicht auch ein Fachmann in Dingen des guten Geschmacks, ob er aber vom Kochen etwas versteht, weiss man schlicht und ergreifend nicht. Jedenfalls hat er sich schon oft mit einem oder einer zusammengetan, die genau das nachweislich und herausragend kann.
Co-Autor Adi Bittermann, der hier zu Wien vor einiger Zeit in Vikerl’s Lokal eine Haube erkochte, sorgt also kompetent für die fachliche Seite: Kronländer-Kochbuch: 450 altösterreichische Rezepte. Prag – Krakau – Budapest – Triest heisst das Opus magnum, das weder an Komplettheit noch an Variation von Themen zu wünschen übrig läßt – am Beispiel Gulasch:
- Székely-Gulyás (das Szegediner)
- Kesselgulyá „Bogrács“
- Wiener Saftgulasch
- Székler Gulyás (mit Lammfleisch! – aus Transsylvanien)
- Pester Gulyá (ohne Paprika)
- Fiakergulasch (natürlich aus Wien, woher denn sonst)
- Wiener Kalbsgulasch
- Fiumer Gulasch (mit Kraut und Erdäpfeln – aus Fiume/Rijeka)
- Triestiner Gulasch (mit Rotwein und Zitrone)
- Debrecziner Gulasch 8mit den herrlich scharfen Würsteln)
- gemischtes Gulasch (u.a. mit Gänsefleisch! – aus Galizien)
- Bosnisches Gulasch (natürlich mit Lamm)
- Prager Gulasch (mit Speck und Sauerkraut)
- Krakauer Gulasch (mit Selchfleisch und Schwein)
- Budapester Dampfgulyás (langsam, langsam gedünstet)
- Schweinspörkölt (auch ein Klassiker)
- Hühnerpaprikasch (das originale ‚Paprikahendl‘)
- Gänsepaprikasch (mit der Leber deroselben höchstselbst)
- Kalbspaprikasch (mit Champignons und Marillenschnaps)
- Pfeffertokány (aus Zeiten, bevor es den Paprika gab: mit viel schwarzem Pfeffer)
Dem fügt Autor Adi Bittermann aus dem eigenen Fundus noch ein paar recht interessante Variationen hinzu:
- Dreitagesgulasch (mit einer interessanten Zwiebelpaste)
- Erdäpfelgulasch mit Dürrer (das Arme-Leute-Essen für Leute, die sonst eh imemr alles haben – von H. C. Artmann kunstgerecht ebsungen)
- Göttlesbrunner Zweigelt-Gulasch (mit 3 Flaschen!!!)
- Kalbsrahmgulasch zeitgemäss (mit reichlich Weisswein)
Allein dieser Vielfalt wegen ein Muss im heimischen Küchenregal!
2 Gedanken zu “Wo unsre Küche herkommt – und wohin es nicht weit ist”