Werbung funktioniert manchmal doch, diesmal die nette Geschichte, die Ö1 über Bernadette Wörndl und ihr neuestes Kochbuch gemacht hatte: prompt hab ich es bestellt. Die Enttäuschung wird allerdings beim Blättern groß und größer. Was hat man sich denn erwartet? Das ist wie immer die gute – und im Grunde unbeantwortbare – Frage. Der Aufhänger war das Verwenden von Gemüseresten, die sonst – im besten aller Fälle – auf den Kompost wandern. Das klang ja mal nach einem erfrischenden Konzept, ist in der Umsetzung aber eher zur Marketingaktion geschrumpft. Das beschränkt sich in sehr vielen Rezepten darauf, dass man irgendwelche Blätter, Schalen und dergleichen mehr aufheben sollte, um später noch irgendwas damit zu machen. Zum Kompost tragen?
Unter den Tipps, die wie Restlvermeidung daher kommen, verbergen sich aber auch ganz ausgewachsene Missverständnisse: Kandierte Orangenschalen in Schokolade? Das ist keine Restlverwertung, das kriegen wir längst in jeder Konditorei zwischen Sevilla und Neusiedl am See um gutes Geld verkauft. Wer ein Bissl einen Zustand zu Aromen hat, verwendet von Zitrusfrüchten eher die Schalen als das Innenleben. Darauf folgt das Blutorangensorbet, welches sich dadurch auszeichnet, dass es sich von anderen Rezepten zu Sorbets nicht im Geringsten unterscheidet. Folgt Blutorangenmarmelade. Immerhin bemerkenswert, dass zur Einbeziehung von Schalen (!), Kernen und sonstiger Reste (was bleibt da eigentlich noch über?) ein Teebeutel zum Einsatz kommt. Das hat aber rezeptgemäss zur Folge, dass die Schalen mit dem Teebeutel entfernt werden. Ich schätze Orangenmarmelade aber gerade wegen der Schalen drin. Für manchen wird es dann doch noch eine Entdeckung geben: man kann die Blutorangenmarmelade auf frischen Ziegenkäse geben und sogar Oliven dazu reichen. Immerhin.
Beim Tomatenrisotto werden die Paradeiser geschält und empfohlen, die Schalen für was anderes aufzuheben. Mal schauen: sonst gibt’s noch Tomatenketchup – und ich nehme mal an, was nach dem Passieren durch die Flotte Lotte übrig bleibt, wandert auf den Kompost. Die „andere Verwendung“ für die Schalen sucht man vergeblich. Schade, hätt‘ mich echt interessiert. In der Einleitung zu „Tomate“ wird darauf hingewiesen, dass man Schalen und Kerne trocknen und zu einem wohlschmeckenden Gewürz vermahlen kann. Naja dann!
Was also kriegt man nicht? Die versprochenen Rezepte, die aufs Ganze gehen (so wie sie der Untertitel verspricht). Merke: never trust the marketing.
Was also kriegt man? Ein Kochbuch mehr aus zwei inzwischen doch schon sehr abgelutschten Kategorien: Veggie und Jamie-Oliver-Look.
Veggie besteht hier aus dem Weglassen von Fleisch. Das sehe ich in der konkreten Umsetzung aber sogar als VORTEIL: es wird wenigstens nirgendwo versucht, Fleisch oder Fleischprodukte durch irgendwas zu substituieren.
Und: man tut Fotografin Gunda Dittrich vermutlich sehr sehr unrecht, wenn man diesen Pseudo-Landhaus-Stil nicht mag, sie versteht ihr Handwerk und hat auch bisweilen recht pfiffige Ideen umgesetzt.
Was also kriegt man? Eine Sammlung mit so manchem wirklich ausgeklügelten Rezept, eine elendslange Liste zum Ausprobieren und Nachkochen – oh ja! Das verspricht ein paar Gaumenfreuden, da vergeht der Ärger bestimmt irgendwann… andererseits: das kann so manches andere neue Kochbuch auch.
Fazit: ich hätt’s im Laden durchblättern sollen. Hätt‘ ich dann bestimmt nicht gekauft. Da ich es jetzt aber schon mal hab‘, wird es natürlich auch genutzt.